Die Sage von der Entstehung des Wörthersees
An stillen Abenden, wenn man mit dem Boot an der „Schwarzen Wand“ des Wörthersees vorbeifährt, können noch heute Klänge und Geläute, emporsteigend aus den Tiefen des Sees, gehört werden. Diese Erzählung stammt aus einer sehr alten Sage von der Entstehung des Wörthersees.
Die Sage erzählt, dass sich vor vielen Jahrhunderten an der Stelle, wo sich heute der Wörthersee befindet, eine prächtige Stadt befand. Die Bewohner dieser Stadt waren reich und übermütig. Als sie am Vorabend des heiligen Osterfestes erneut wild tanzten, übermäßig aßen und tranken, die Kirchenglocken zu später Stunde überhörten, kam ein kleines eisgraues Männchen in den Festsaal. Es blickte durch die Runde der feiernden Leute und erhob ermahnend seine Stimme: „O, ihr Schwelger, wisst ihr nicht, welche Feier wir morgen begehen? Kehret heim, ehe die Stunde der Buße verrinnt und die Strafe euch erreicht!” Die Leute antworteten dem Männchen mit höhnischem Lachen und feierten nun noch wilder weiter als zuvor.
Kurz vor Mitternacht betrat das Männchen ein zweites Mal den Festsaal und hielt nun ein kleines Fässchen in seinem Arm. Erneut rief es die Leute zur Ruhe und zur Buße: „Sonst öffne ich den Hahn des Fässchens, und Tod und Verderben kommen über euch!” Wieder antworteten ihm die Leute mit lautem und höhnischem Lachen. Plötzlich, zu Mitternacht, erloschen alle Lichter in der Stadt, die Mauern begannen zu beben und ein gewaltiges Gewitter brach herein. Das kleine Fässchen lag mit geöffnetem Hahn im Festsaal und endlos strömten Fluten aus ihm heraus. Sie drangen in alle Häuser ein, bis die Stadt samt ihrer Gegend überschwemmt und die Bewohner ertrunken waren. So entstand der Sage nach der Wörthersee.
Will man der Sage glauben, liegt diese einst so prächtige Stadt heute versunken in den Tiefen des Sees und angeblich hausen riesige Fische und Wasserschlangen in den einst prächtigen Gebäuden.
Quellen: Franz Pehr, „Kärntner Sagen”, Klagenfurt 1913