Viele Engländerinnen und Engländer lernen Deutsch. Einige davon studieren es sogar – und manche tun das in Österreich. Laura McCarthy arbeitet an der University of Lincoln im International Office und hilft Erasmusstudentinnen und -studenten beim Ausfüllen von Formularen, unterstützt sie bei allen Fragen rund um das Studium an der Universität und gibt Tipps für die Freizeitgestaltung in Lincoln. Sie freut sich immer besonders über deutschsprachige Studierende, da sie selbst längere Zeit in Österreich gelebt hat und in Lincoln den „deutschen Stammtisch“ der Universität organisiert. Hier treffen sich einmal im Monat deutschsprechende Studierende (nicht nur Muttersprachler/innen) und Universitätsbedienstete, um sich auf Deutsch auszutauschen oder auch Deutsch zu hören und zu üben.
Leben in Österreich
Laura McCarthy hat an einer englischen Universität Deutsch und Französisch studiert und verbrachte im Rahmen ihres Studiums ein Jahr in Deutschland. Nach ihrem Abschluss zog es sie jedoch nach Österreich. In den 80er Jahren verbrachte sie einen Winter in Tulfes, in der Nähe von Hall in Tirol, in einer Ski- und Snowboard Schule. Sie arbeitete für eine britische Skifirma, die Kurse für Kinder organisierte. Da es im Vereinigten Königreich lediglich in Schottland zugeschneite Berge gibt, verbringen viele Schulkassen ihre Klassenfahrten in den österreichischen Bergen. Die Skisaison dauerte für Laura von November bis April. Zu ihren Aufgaben gehörte, mit der Ski-Schule, Technikern und den Skilehrerinnen und -lehrern zusammenzuarbeiten und einen Plan zu gestalten. Auch das Catering und die Abendgestaltung der Kinder mussten organisiert werden. Sie organisierte auch Halbtagesausflüge nach Innsbruck. An die Kegelbahn kann sie sich noch besonders gut erinnern, hier hat sie viele lustige Abende verbracht. Sie hatte auch einen Freund mit dem typisch österreichischen Namen Gerhard. Eines der schönsten Weihnachtsfeste ihres Lebens verbrachte sie skifahrend in Kitzbühel. Während einer Skitour verletzte sie sich jedoch und konnte von da an nur noch sehr vorsichtig fahren.
Kulturelle Unterschiede
Das Leben in Österreich hat ihr sehr gut gefallen. Ihr sind auch viele Unterschiede zwischen Österreich und Großbritannien aufgefallen. Seit den 1990er Jahren dürfen Geschäfte in Großbritannien an Sonntagen offen halten. Als Laura in Österreich war, hatten die meisten Geschäfte nicht einmal am Samstag geöffnet und auch heute bleiben fast alle unserer Läden an Sonntagen geschlossen.
Ein österreichischer Brauch, das Nageln, war für Laura ein richtiger Schock. Bei diesem Wettbewerb werden Nägel mithilfe der schmalen Seite eines Hammers in einen Holzstamm geschlagen. Wer seinen Nagel am schnellsten vollständig im Holz versenkt, gewinnt den Wettbewerb. Laura erschien dieser Brauch zu Beginn sehr gefährlich. Wirklich anfreunden konnte sie sich damit auch später noch nicht.
Auch Weihnachten wird in England nicht so gefeiert wie bei uns. Santa Claus kommt, wie in den USA, erst am Morgen des 25. Dezembers und am Nachmittag hält die Queen ihre berühmte Weihnachtsrede. Für Laura war es äußerst ungewöhnlich, dass Weihnachten in Österreich am 24. Dezember gefeiert wird und am ersten Weihnachtstag eigentlich schon vorbei ist.
Was ist nur mit deinem Deutsch passiert?
Ihr verpflichtendes Auslandsjahr hat Laura in Hildesheim in der Nähe von Hannover verbracht. Als sie nach ihrer Zeit in Tirol zurück nach Deutschland kam, hatte sie, ohne es zu bemerken, die österreichische Färbung in ihren Sprechstil übernommen. Ihre Freunde in Hildesheim konnten viele der typisch österreichischen Wörter, die sie verwendete, gar nicht verstehen. Laura liebt den „Sing-Sang“ der österreichischen Varietät des Deutschen – bundesdeutsches Hochdeutsch klingt viel härter, findet sie. Die Heimatverbundenheit der Österreicherinnen und Österreicher, die sich im alltäglichen Leben zum Beispiel durch das Singen von Heimatliedern widerspiegelt, hat ihr immer sehr imponiert.
Laura freut sich immer sehr, wenn sie Studierende aus Österreich betreut und denkt gerne an ihre Zeit in Tirol zurück. Wir danken ihr dafür, dass sie uns einen Einblick in das Leben einer Engländerin in Österreich gewährt hat.